1. DaFWEBKON 2012: Best Practice im webbasierten Unterricht (6.-7.5.2012) aus der Sicht einer Nicht-DaF-Lehrerin

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Obwohl ich nicht Deutsch als Fremdsprache unterrichte, so war ich doch sehr neugierig, auf die von Heike Philp, Nadja Blust und Angelika Güttl-Strahlhofer organisierte 1. DaFWEBKON. Schon einige Wochen zuvor war ich auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht worden, als Heike Philp bei mir anfragte, ob ich nicht Lust hätte, ebenfalls einen Vortrag beizusteuern. Auch wenn ich dieser Bitte mit großem Bedauern aufgrund von Zeitmangel für die Vorbereitung leider nicht entsprechen konnte, so wollte ich dennoch als eine von insgesamt mehr als 400 TeilnehmerInnen aus vermutlich mehr als 20 Ländern möglichst vielen der 34 Veranstaltungen beiwohnen.

Da sich die WebKon mit dem Gegenbesuch unserer Austauschgruppe aus Paris überschnitt, hatte ich leider nur die Gelegenheit, am Sonntag fast allen Vorträgen beizuwohnen, die Aufzeichnungen der Veranstaltungen des Programms vom Montag werde ich mir in den Pfingstferien jedoch anschauen und darüber berichten.

Besonders gelungen fand ich die absolut phänomenale Moderation durch die drei Hauptveranstalterinnen, die als hervorragend eingespieltes Team zwischen den Meetingräumen hin- und her“flogen“, dabei stets gut gelaunt waren und auch hier und da die Zeit fanden für ein kleines Schwätzchen. Ich habe noch nie eine so gute Atmosphäre bei einem großen Online-Event erlebt – waren auch teilweise mehr als 100 Leute im Raum, so ging es bei Weitem ruhiger zu als z.B. bei den Live-Events des OPCO 2012, an dem ich momentan ebenfalls teilnehme. Es war mehr als deutlich, dass alle Veranstalterinnen über viel Erfahrung im Online-Fortbildungsbereich verfügen und großen Spaß daran haben. Es war einen Freude, Ihnen und den ReferentInnen zuzuhören.

Besonders schön fand ich es, unter den TeilnehmerInnen und ReferentInnen „alte“ Bekannte wie Jürgen Wagner, Chris Jaeglin, Alf Peherstörfer und Thomas Strasser zu treffen. Fast ebenso schön war es jedoch, neue Bekanntschaften zu schließen und meinen zwar nicht gerade eingeschränkten aber für mich stets zu begrenzten Horizont im Hinblick auf die neuen Medien im Fremdsprachenunterricht zu erweitern.

Eröffnet wurde die DaFWEBKON 2012 durch Marianne Hepp, der Präsidentin des internationalen Deutschlehrerverbands, die den IDV vorstellte und betonte, wie wichtig die neuen Medien im heutigen Fremdsprachenunterricht sind.

In seiner Keynote „Web 2.0 als digitaler Hype oder ernst zu nehmender Paradigmenwechsel“ legte Thomas Strasser dar, wie wichtig es ist, die Informationsflut des Internets – welches sich 5 x so schnell wie das „wirkliche“ Leben entwickelt – in die richtigen Bahnen zu lenken und dass die Nutzung der neuen Medien im Unterricht durchaus seine Legitimation hat, auch wenn viele Menschen nur den Selbstdarstellungs-Aspekt des Web 2.0 sehen mögen. Auch wenn dieser Vorwurf für einen Teil des Internets sicherlich zutrifft, so darf daduch nicht sein pädagogischer Nutzen übersehen werden. So ist das Web 2.0 nicht nur für LehrerInnen eine ausgezeichnete Informationsquelle, sondern hier arbeiten auch auf diesem Gebiet aktive KollegInnen produktiv in Netzwerken zusammen (wie dies auch bei der DaFWEBKON der Fall war) und arbeiten so gemeinsam daran, als Wegbereiter für den notwendigen Paradigmenwechsel in der Schule zu fungieren. Dies bedeutet nicht, dass alle althergebrachten Methoden über Bord geworfen werden sollen, sondern vielmehr sollen die neuen Methoden und Medien an den richtigen Stellen eingefügt werden, um die SchülerInnen auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten. Mit einem Augenzwinkern wurde verkündet, dass schon Mr. Spock vom Raumschiff Enterprise sagte, dass Veränderung der essenzielle Prozess einer jeden Existenz sei – ein Hinweis, den ich als „Trekkie“ besonders gerne hörte:D. Um jedoch diesen Paradigmenwechsel vorzubereiten, ist es notwendig, das Web 2.0 zu didaktisieren, und genau dies ist unsere Aufgabe als medienbegeisterte LehrerInnen des neuen Jahrtausends, dessen Alltag von Google und Co. bestimmt wird – denn wer hat noch nie einen neuen Bekannten gegoogelt oder Bücher günstig im Internet erworben anstatt sie regulär im Buchhandel zu kaufen?

Im Anschluss an Thomas Strassers Keynote präsentierte Cornelia Steinmann die Möglichkeiten und Grenzen des Aussprachetrainings mit Hilfe von webbasierten Ressourcen und Online-Tools. Sie erklärte anschaulich, wie wir im Aussprachebereich vom Web 2.0 profitieren können, da unsere SchülerInnen z.B. Zugang zu allen nur denkbaren Varietäten einer Sprache haben und auch Tools zur Transkription von Texten in die IPA nutzen können. So kann man zum Beispiel im Unterricht einfach verschiedene Akzente thematisieren, das Hörverständnis aber auch die Sprachproduktion fördern und üben. Dies kann in einzelnen kleinen Einheiten geschehen, jedoch auch bis zur für den individuellen Schüler besonders lohnenden Portfolioarbeit ausgedehnt werden.

Ilpo Halonen aus Finnland stellte in einem der beiden parallel geschalteten Veranstaltungsräume ein zweijähriges EU-Projekt namens CEFcult (2009-11) vor, welches dazu dienen soll, die interkulturelle Kompetenz auszubilden, indem man interaktiv auf bestimmte Impulse reagiert und anschließend von anderen Teilnehmern ebenso evaluiert werden kann wie man sich selbst bewerten kann. Denn die Fremdsprache ist eigentlich nur ein (kleiner) Teil der interkulturellen Kompetenz, die in unserer Zeit immer wichtiger wird und den Subtext zu geschäftlichen Interaktionen in der Fremdsprache darstellt.

Interessant war auch die Diskussion der Frage, ob E-Learning in der Informationsgesellschaft von heute als selbstverständlich anzusehen ist. Da Martin Ebner nicht selbst anwesend sein konnte, hatte er seinen Vortrag aufgezeichnet und stand im Anschluss per Twitter für Rückfragen zur Verfügung. Laut Herrn Ebner ist es keineswegs so, dass die „Net-Generation„, die mit dem Internet aufwächst, so gut technisch ausgerüstet ist, wie man dies für gewöhnlich annimmt. Außerdem wies er darauf hin, dass der Lernerfolg an sich unabhängig von einem bestimmten Medium ist und eher von der didaktischen Innovations- und damit einhergehenden Motivationsfähigkeit des Lehrers abhängt. Nur er kann die zum erfolgreichen Lernen notwendigen Emotionen hervorrufen, Aufmerksamkeit wecken und erhalten, Vorwissen aktivieren und dessen Weiterentwicklung durch gezielte Impulse anregen. Allerdings kann Technologie im Unterricht – sei es nun in Form von e-Learning in Verbindung mit dem Web 2.0, m(obile)-Learning, p(ersonalized)-learning oder u(biquitous)-learning – durchaus einen Mehrwert haben, sofern der Lehrer es versteht, das Web 2.0 für genau diese Zwecke zu didaktisieren, worin laut meinem Verständnis ein Anknüpfungspunkt zu Thomas Strassers Keynote hergestellt wurde. Auch Herr Ebner betonte, wie wichtig es ist, die Informationsflut zu bändigen und bereits bestehende Strukturen, wie z.B. die Tatsache, dass fast 1/7 der Weltbevölkerung bereits auf Facebook aktiv ist, mit in den Lernprozess einzubinden. Denn schließlich sollen wir als LehrerInnen die SchülerInnen dort abholen, wo sie sind – und nicht nur im Hinblick auf inhaltliche und sprachliche Aspekte.

Besonders spannend fand ich die Podiumsdiskussion zu Ray Cliffords Aussage „Technologie ersetzt keine Lehrer, aber die Lehrer, die technisch fit sind, werden diejenigen ersetzen, die davon keine Ahnung haben„. Die grundlegende Frage war dabei, wie LehrerInnen die Kompetenzen entwickeln können, die nötig sind, um mit dem „neuen“ Schüler umzugehen. Im Laufe der Diskussion wurde klar, dass der „neue“ Schüler keineswegs so modern ist, wie wir dies immer annehmen und die „Digital Natives“ eigentlich nicht existieren, dass es aber durchaus notwendig ist, die heutige Schülergeneration so auszubilden, dass sie den an sie gestellten Anforderungen genügen und die ihnen nachfolgende Generation so vielleicht wirklich als „digital natives“ aufwächst. Eines der besonders im Chat vieldiskutieren Probleme ist und bleibt die Tatsache, dass die Rahmenbedingungen momentan weder finanziell, noch materiell, noch politisch stimmen. Fazit war, dass wir alle als LehrerInnen offen gegenüber Veränderungen sein sollten, dass wir uns jedoch keine Sorgen machen müssen, irgendwann entbehrlich zu werden, egal wie viel oder wenig wir über den Umgang mit den neuen Medien wissen. Bemerkenswert fand ich hier auch die hervorragende Moderation durch Anna Airikkala.

Ein weiteres Highlight war für mich Michael Hielschers Vorstellung von LearningApps.org, einer kollaborativen Plattform ähnlich Youtube, die es ermöglicht, individuelle Schwerpunkte mit Hilfe multimedialer Materialien zu trainieren. Erstellt werden können die Übungen von jedem angemeldeten Nutzer, jeder kann sie nutzen und bewerten. Aufgrund dieser Offenheit ist die Qualität einzelner Übungen natürlich nicht gewährt, jedoch kann man anhand der Bewertungen schnell die Spreu vom Weizen trennen. Aufgrund der großen Menge an guten wie auch schlechten Übungen bietet es sich hier an, als LehrerIn eine Vorauswahl für die SchülerInnen zu treffen und einzelne gute Lernbausteine, die thematisch zum momentanen Lernstoff passen, z.B. in einen Blog einzubinden. Ebenso sind die Apps auf mobilen Endgeräten verwendbar, wodurch sie überaus mobil und für SchülerInnen sicherlich noch attraktiver werden.

Jürgen Wagner präsentierte nachfolgend die Vorteile von Posterous um mit SchülerInnen einfach zu bloggen. Der Vorteil von Posterous gegenüber anderen Blogplattformen liegt darin, dass es nicht nur eine App für verschiedene mobile Endgeräte gibt, sondern dass auch per Email gebloggt werden kann und sowohl Bilder, als auch Videos, PDF- und andere Dokumente einfach als Anhang mitgeschickt werden können. Ebenso einfach ist die Einbindung von Podcasts und dergleichen. Laut Aussagen Jürgen Wagners sind WordPress und Blogger im Prinzip zwar ressourcenreicher für erfahrene Blogger, möchte man jedoch mit wenig Aufwand und unerfahrenen SchülerInnen bloggen, so bietet sich Posterous durchaus als gute Alternative an.

Bei der letzten Veranstaltung, die ich am Sonntag miterlebte, thematisierte Elke Kolodzy den Nutzen von Videokonferenzen im Rahmen des interkulturellen Lernens. So handelt es sich bei dieser Art der Kommunikation um eine reale Kommunikation, die fremdsprachiges Handeln erfordert und mit Landeskunde verbunden werden kann. Beim Austausch mit einem Gegenüber, das aus einer anderen Kultur stammt, wird somit nicht nur die fremdsprachliche Kompetenz gefördert, sondern auch die Medien-, Sozial-, Selbst und interkulturelle Kompetenz. Vom praktischen Standpunkt aus kann beispielsweise ein Französischlehrer in Deutschland mit einem französischen Kollegen, dessen SchülerInnen Deutsch lernen, ein- bis zweimal im Monat Videokonferenzen organisieren, bei denen die SchülerInnen bestimmte Sprechanlässe bekommen oder auch füreinander Übungen zu bestimmten Themen erstellen. Wenn man gut mit dem Kollegen im Team arbeitet, lässt man so die SchülerInnen der beiden Länder die Globalisierung hautnah erleben und fördert nicht nur deren sprachliche Kompetenz, sondern auch die Völkerverständigung. Möchte der eine oder andere Schüler den Kontakt zu einem Mitschüler aus der Partnerklasse vertiefen, können sogar Sprachtandems gebildet werden, die in ihrer Freizeit noch mehr voneinander lernen und eine Freundschaft aufbauen können. Allerdings gilt auch hier, dass die materiellen Voraussetzungen (Ausstattung der Computerräume, Offenheit der Eltern- und Schülerschaft) hier dem professionellen Eifer schnell Grenzen setzen können.

Hier geht es zum Programm, hier zu den Aufzeichnungen fast aller Beiträge.

Fortsetzung (mit anderen Worten meine Eindrücke vom Montagsprogramm) folgt  demnächst…

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