Methodentraining: Texte verstehen durch Umsetzung als Comic

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Textverständnis kann auf vielfältige Art und Weise überprüft werden. Natürlich kann man ganz einfach Fragen zum Text stellen und diese im Plenum besprechen. Ebenso können schriftliche kreative Aufgaben benutzt werden, um die Schüler dazu zu animieren, sich mit einem Text intensiv auseinanderzusetzen. So zum Beispiel ein Perspektivenwechsel oder die schlüssige Ausfüllung von Leerstellen.

Da es oftmals auch wichtig ist – besonders bei längeren und kompliziert aufgebauten Texten – die Geschichte auf den Plot, also den „roten Faden“, um den herum sich eine Geschichte spinnt, zu reduzieren und Schüler vielmals Probleme haben, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, bietet es sich an, sie die Geschichte in eine andere Gattung übertragen zu lassen, sei es nun ein Gedicht, einen Filmtrailer oder einen Comic.

Entscheidet man sich für einen Comic, so muss zuerst einmal ein Storyboard, d.h. eine Skizze, erstellt werden. Dies erfordert intensives Lesen und es besteht die Notwendigkeit, sich in der Gruppe zu einigen, welche Episoden dargestellt werden sollen. Natürlich kann man dann den Comic einfach zeichnen lassen, jedoch habe ich festgestellt, dass die Schüler – vor allem künstlerisch eher unbegabte Schüler – sich eher auf die Aufgabe einlassen und sehr kreativ sein können, wenn ich ihnen freiere Hand gebe.

In meiner neunten Klasse in Französisch stellte ich die Aufgabe, einen Text zu „Euroscola“ in Comicform zu bringen – und dies mit Hilfe von Playmobil- oder Legofiguren, gedruckten Hintergrundbildern, ihrem Tablet und der App Comic Strip It in der kostenlosen Version. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen, auch wenn die Geschichten teilweise sehr vereinfacht dargestellt wurden. Am Schluss präsentierten die Schüler ihre Comics durch kabellose Übertragung über den Beamer.

Den zweiten Versuch startete ich in meinen beiden Englischgruppen der 8. Klasse. Bei ihnen ging es um verschiedene Texte: zum einen einen Ausschnitt aus einem Jugendbuch namens „Downriver“ und zum anderen um einen Augenzeugenbericht von Aron Ralston, der tagelang eingeklemmt unter einen Felsen lag und sich nur befreien konnte, indem er einen Teil seines Arms abtrennte. Die Gruppen sollten für die jeweils andere Gruppe die zweite, optional zu lesende Geschichte, so darstellen, dass sie wissen, um was es geht. Auch hier schlug ich vor, Playmobil- und Legofiguren sowie gedruckte Hintergrundbilder zu benutzen und Fotos mit dem Tablet zu machen, die schließlich mit der Comic-App in Comicform gebracht werden sollten.

Als die Schüler in der nächsten Stunde ins Klassenzimmer kamen, hatte ich bei einigen den Eindruck, als ob sie ihr halbes Kinderzimmer (oder das der kleinen Geschwister) ausgeräumt hätten. Ich gab den Schülern drei Schulstunden Zeit, um die Aufgabe zu erledigen und war erstaunt, wie sie sich ins Zeug legten und bis ins kleinste Detail alles richtig darstellen wollten. Einige Gruppen bauten mit Hilfe von Lego- und Playmobilzubehör sowie Steinen einen Teil der Szenen nach, die sie dann vor einen gedruckten Hintergrund fotografieren, andere kamen von selbst auf die Idee, Minecraft zu verwenden. Die mobile Version war nur bedingt verwendbar (die ursprüngliche Idee war es, Screenshots zu verwenden) und die Figuren konnten auf jeden Fall nicht in Minecraft platziert werden, weil wohl die meisten ständig weglaufen oder schwimmen gehen. Im Endeffekt erlaubte ich einer Gruppe, einen Laptop mitzubringen. Sie erstellten dann den Hintergrund auf dem Computer und stellten zum Fotografieren die Legomännchen vor den Bildschirm bzw. bauten eine Art Selfie-Stick, um gute Bilder zu erlangen. Hier wäre die Verwendung der Tabletapp natürlich auch möglich gewesen, das Fotografieren wäre dann jedoch vermutlich nicht ganz so einfach gewesen aufgrund der Größe des Bildschirms und der Spiegelung auf der Oberfläche.

Alle Schüler hatten ausnahmslos Spaß und arbeiteten in den kleinen Gruppen wunderbar zusammen. Im Anschluss an die Aufnahmen erstellten sie die Comics mit der gewünschten App, deren Verwendung sie im Handumdrehen verstanden hatten. Ich gehe davon aus, dass die Schüler ihre Geschichte ganz sicher nicht so schnell vergessen werden.

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