Futures Thinking

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Futures Thinking gilt in einschlägigen Kreis als das „Neue Design Thinking“. Hierbei handelt es sich sowohl um ein einstzunehmendes Studiengebiet als auch um eine alltägliche Praxis von Menschen, die zukunftsorientiert denken und handeln.

Beim Futures Thinking geht es darum, evidenzbasiert anhand von konkreten Signalen treibende Kräfte der Gegenwart zu identifizieren und Szenarien zu entwickeln, wie die Zukunft in 10-15 Jahren aussehen könnte, wenn diese Entwicklung weiter voranschreitet. Dabei ist es auch hilfreich, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, um wiederkehrende Muster zu erkennen, wie zum Beispiel Ablehnung gegenüber neuen Technologien. Dafür ist Kreativität gefragt, denn je konkreter ein Szenario für eine potenzielle Zukunft ist, desto eher sorgt es dafür, dass aufgrund emotionaler Reaktionen eine Diskussion entsteht.

Es geht beim Futures Thinking jedoch nicht darum, richtige Voraussagen zu treffen. Vielmehr soll anhand von Storytelling ein transdisziplinärer Diskurs entstehen, da in der heutigen Zeit alle Bereiche des Lebens miteinander zusammenhängen und eine mögliche positive Zukunft in einem Bereich schnell negative Konsequenzen in einem anderen Bereich nach sich ziehen kann, die man im Blick haben sollte.

Viele Firmen stellen inzwischen Futures Thinking-Profis ein, um nicht von der Zukunft überrascht zu werden und einem Zukunftsschock zu erliegen, sondern flexibel reagieren zu können und gewissen Tendenzen schon früh zu erahnen, entweder um sie aktiv voranzutreiben oder aber um ihnen aktiv entgegenzuwirken.

Futures Thinking hat also viel damit zu tun, mögliche zukünftige Probleme, die auf der Basis aktueller Entwicklungen auftreten könnten, vorherzusehen und ihnen vorzubeugen. Daher sollte Futures Thinking auch in der Schule ernstgenommen werden, da die Lernenden von heute auf eine ungewisse Zukunft zusteuern, die sie selbst mitgestalten können, wenn sie mit unerwarteten Entwicklungen umgehen können.

Ein Beispiel für Futures Thinking

Es gibt heute diverse Signale in den Medien, die darauf hindeuten, dass künstliche Intelligenz in Zukunft sehr wichtig sein wird. Dies repräsentiert einen Wandel von einer Welt, in der das Denken als eine menschliche Eigenschaft wahrgenommen wird, hin zu einer Welt in der das Denken nicht nur Menschen vorbehalten ist. Die treibende Kraft dahinter ist u.a. rasante technische Entwicklungen.

Ebenfalls gibt es Signale, dass Lernplattformen immer wichtiger werden. Dies stellt einen Wandel von einer Welt des orts- und zeitabhängigen Lernens in der Schule hin zu einer Welt des orts- und zeitunabhängigen Lernens dar. Treibende Kräfte hinter diesen Veränderungen sind z.B. die Corona-Pandemie und die gleichen technologischen Fortschritte, die auch die künstliche Intelligenz vorantreiben.

Im Jahre 2035 könnte dies möglicherweise dazu geführt haben, dass jedes Kind zu Hause von einer künstlichen Intelligenz und mit Hilfe einer Lernplattform unterrichtet wird und Schulen nur noch zu Prüfungszwecken punktuell besucht werden, womit menschliche Lehrkräfte überflüssig sein werden.

Oder aber könnten in Jahr 2035 die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz dazu geführt haben, dass jeder Mensch einen persönlichen KI-Assistenten hat, der ihn auf seinem lebenslangen Lernweg individuell begleitet und ihm dabei hilft seine selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Diese Missionen ergeben sich aus persönlichen Interessen und Talenten und dringenden Problemen, die gelöst werden müssen, wie zum Beispiel der Klimawandel. Der KI-Assistent hilft dem Menschen, indem er über eine vernetzte Plattform Kontakte zu Experten und an ähnlichen Missionen arbeitenden Menschen herstellt. Wenn sich ein Team so gefunden hat, gibt es persönliche Treffen an einem gemeinsam festgelegten Ort, es wird besprochen, wer wie bei der Problemlösung helfen kann. Zwischen den regelmäßigen organisatorischen Treffen, die auch der Reflexion und der Kurskorrektur dienen können, wird die Plattform verwendet, um Ergebnisse auszutauschen und zu diskutieren, sowie um Synergiepotenziale frühzeitig wahrzunehmen. Wenn eine konkrete Problemlösung oder auch mehrere gefunden worden sind, werden Prototypen angefertigt, die anschließend von anderen Menschen getestet und an denen dann ggf. weitergearbeitet wird, bis das Problem (vorübergehend) gelöst ist. Zu diesem Zeitpunkt ist es dann sehr wahrscheinlich, dass sich in Verbindung mit der Problemlösung weitere zu lösende Probleme aufgetan haben, die das Team in gleicher Zusammensetzung oder mit anderen Partnern lösen möchte. So mündet der Design Thinking-Prozess in eine Endlosschleife zugunsten der Zukunft der Menschheit.

Natürlich klingt dies erst einmal wenig vereinbar mit dem Konzept der Schule, doch was wäre, wenn das, was 2035 als Schule gilt, ein weltweiter Lerncampus mit lokalen Niederlassungen wäre und die Lernenden von Klein auf neben ihren persönlichen KI-Assistenten durch Tutoren und Lernbegleiter dabei unterstützt würden, Missionen zu definieren, die mit den Jahren immer komplexer und gesellschaftlich relevanter werden? Dies würde den Prozess des lebenslangen Lernens anstoßen und das Lernen in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext stellen, da man zur Erfüllung seiner Missionen schließlich neben Mitstreitern auch Faktenwissen erlernen muss – dies recherchiert man jedoch selbst und sucht sich ggf. passende Ansprechpartner.

Dieser Text basiert auf einem ebenfalls von mir geschriebenen Text, der unter einer CC BY-SA-Lizenz auf der Seite des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg veröffentlicht wurde. 

Bildquellen

  • Design Thinking: UX Indonesia | Unsplash
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